xplore04-Über die xplore 2004 von Sato (SCHLAGZEILEN Vol.77)
Angesprochen
fühlten sich BDSMer, Tanzinteressierte, Yoga und Tantra Adepten,
ZaZen-Meditierer und Menschen, deren sex. Horizonte geöffnet sind
für Themen von 'Analen Vergnügen für Anfänger u
Fortgeschrittene' bis hin zu 'Sinnliches Spielzeug'.
Felix Ruckert, dessen Kompanie mit über 80 Aufführungen zu
den aktivsten der Berliner Tanzszene gehört, erforscht in seinen
Arbeiten Körpererfahrungen, Rituale, Sexualität und
interessiert sich seit Jahren auch für BDSM.
14 Dozenten aus aller Welt, die mit dem Phänomen Sexualität
spielen, arbeiten und forschen, gaben in 45 Workshops nicht nur
theoretischen Einblick in Techniken und Rituale, die von spiritueller,
therapeutischer, ästhetischer oder einfach nur von purer Lust
erzählten. Jeder dieser ungewöhnlichen Menschen stellte in 3
Workshops seine Themen vor, die hier leider nur auszugsweise
aufgeführt werden können:
Aus Deutschland kam Matthias Grimme, in dessen Workshop man seine
Bondagekünste verfeinern konnte. Zusammen mit Andrea von den SZ
wurde zum Thema 'Grenzspiele' u.a. über Sicherheit und Gefahren
bei TPE (total power exchange) gesprochen. Birgit S. bot 'Spiel mit den
Sinnen' und 'Verhandeln einer Szene' an. Das Berliner Diamond Lotus
Institut ermöglichte praktische Übungen aus der alten
indischen Liebestechnik Tantra und Rudolf von Lippe übte mit 'Zen
– Durchlässigkeit, Hingabe und Schmerz' an einem direkteren Zugang
zu SM ohne jegliches Rollenspiel.
Delta Ra'i richtete seine Workshops an Flag und Spanking-Interessierte, um sie in die hohen Kunst
des erotischen Schlagens einzuführen. 'Partner Yoga' und 'Das lustvolle Becken' wurde von Ilka Stoedtner vertreten
und 'Sinnliches Spielzeug' von Sabine Hofmann. Der 'Atemkontrolle' von Katrin Passig sowie dem 'Spiel mit Nadeln' von
Paula Rosengarten waren Workshops gewidmet, in denen natürlich der Sicherheit eine wichtige Rolle eingeräumt war.
Felix Ruckert selbst ermöglichte in Gruppen wie 'Haut', 'Berührung' und 'Urbane Rituale' die szenische
Realisierung aus Teilen seiner Tanzprojekte, z.B. das Ein- und Nachfühlen in Dom/Sub – Situationen. Hagen aus
Berlin ließ mit 'Wachs' und 'Sinnesentzug' experimentieren.
Aus der Schweiz kam Maggie Tapert, die sich der sakralen
Sexualität mit 'Das heilige Fest’ zuwandte. Tristan Taormino -
Buchautorin aus USA - führte 'G-Punkt' und 'Anale Vergnügen'
vor, Janet Hardy (USA) zeigte Möglichkeiten auf, über
spezielle Atem- u PC Muskel-Techniken Tantra mit BDSM zu verbinden.
Obwohl das Konzept der drei Tage lautete, allen Teilnehmern praktische Erfahrungen zu ermöglichen, waren
auch einige Vorträge angeboten: in 'Ethical Sluthood' versuchte Janet Hardy Alternativen zur Monogamie aufzuzeigen.
Das die SM-Szene zur Gay/Lesbischen keine Parallelwelt bilden muss, erzählte Paula Rosengarten und wurde
gleich eindrucksvoll durch die Teilnehmer/innen der xplore04 bestätigt.
Den ersten Höhepunkt des Festivals bildeten am Samstagabend
Liveperformances von Felix Ruckert, delta RA´i, Zamil und Caprice
Dilba: wer sich SM in einer Tanzperformance bisher nicht vorstellen
konnte, staunte begeistert: Caprice Dilba, Performerin und Produzentin
des Festivals, 'musste' unter ihrer Augenmaske der Führung dreier
männl Tänzer 'blind' vertrauen: klassische Tanzformen wie
schnelles Rennen, Hebefiguren, geworfen, aufgefangen und getragen
werden, Pas de deux/trois/quatre wechselten mit Momenten heftigen
Peitschens und großer liebevoller Zärtlichkeit.
Im nachfolgende Freestyle LiveBondage wurden parallel mehrere Modelle
blitzschnell in alle möglichen Hängebondages gefesselt. Jeder
der 4 Meister ihres Faches hatte seinen eigenen Stil beim Fesseln.
Nicole, Begleiterin und Bondage Modell von M Grimme, zeigte eine
Selbstfesselung und konnte sich dabei sogar selber aufhängen. Der
große Applaus für ihre Kunst war wohl verdient, man darf sie
getrost als 5. Meisterin des Abends sehen.
Am Sonntagabend fand im Berliner Darkside Club eine große Abschluss-Party statt,
wo etliches - soeben erlerntes - in die Form von Sessions gebracht wurde.
Die Einmaligkeit dieses Crossover-Events zog verständlicherweise
Teilnehmer von weither an, so z.B. aus Italien und der Schweiz. Die
Atmosphäre in den schönen Loft-Hinterhöfen war von
Toleranz und großem gegenseitigen Interesse geprägt. Ein
Cafe und eine Bar boten Treffpunkte zum Austausch und in der Nähe
gab es genügend Ess-Lokale sowie Unterkünfte. Meine
Befürchtung, dass ein so großes Angebot recht stressig
werden könnte, hat sich nicht bestätigt: Die Stunden wurden
immer entspannt und nicht selten heiter gestaltet.
Ein wenig schade fand ich, dass man sich zwischen den parallel laufenden Workshops entscheiden musste.
Evtl. wäre zu überlegen, ob sie nicht zeitversetzt wiederholt werden könnten. Andererseits ist es auch nicht
schlecht, wenn man Prioritäten setzen muss, statt unbedingt alles mitnehmen zu wollen.
Zweifellos ist das Event, das sich sympathisch und individuell direkt an die verschiedenen nicht-kommerziellen
Subkulturen wandte, ein großer Gewinn für alle, die Synergien lieben und nach weiterführenden Impulsen suchen.
Sicher war es auch finanziell schwierig, ein so großes Ereignis auf die Beine zu stellen, welches mal nicht vom
Sponsoring großer Sexbiz-Sellern umstellt wurde. Nicht zuletzt auch darum ist es sehr zu wünschen, dass xplore04
den Anfang einer Reihe bildet, die nächstes Jahr ihre erste Fortsetzung findet.